Ein Traditionsklub in der Krise
Hüffler - Einst hamsterten sie Titel und begeisterten die Massen. Heute dümpeln sie in den Niederungen der Ligen vor sich hin.
Ein Bericht von Christian Rises.
Ein Besuch in Hüffler.
Tiefste Westpfalz. Ein kleines verschlafenes ehemaliges Bauerndörfchen, das irgendwann den Anschluss an die moderne Zeit verloren zu haben scheint. Ein Hund streunt durch die Straßen, Senioren werkeln in ihren Gärten. Es scheint fast surreal, dass hier einer der erfolgreichsten Vereine der UltraSoccer-Geschichte, die Viktoria CJR Hüffler, ihre Wurzeln hat. Einst spielte der Klub auf dem lokalen Sport- und Freizeitgelände „Am Isack“, doch dem ist der Club längst entwachsen. Die neue riesige 100.000-Mann-fassende Arena fand in dem kleinen Döfchen keinen Platz mehr und wurde auf umliegendem Ackerland errichtet.
„Viktoria CJR Hüffler“ – das ist längst nicht mehr der kleine Dorfclub aus dem Landkreis Kusel, das ist ein weltweit agierender Konzern mit Zweitvertretungen in der Schweiz und Österreich. Zu verdanken hat der Club diesen kometenhaften Aufstieg vor allem einer Person: Chris Carrot, Trainer und Manager in Personalunion. Trotz mehrerer Anfragen möchte der einst so extrovertierte Erfolgscoach uns kein Interview geben.
Matchday.
Was tags zuvor noch nach Provinzidylle aussah, kehrt sich heute in den hellen Wahnsinn. Wo man nur hinsieht, ein grün-weißes Fahnenmeer. 100.000 Fans aus der ganzen Welt strömen in eine 600-Seelen-Gemeinde. Der Anlass? Ein normales Ligaspiel gegen den SV HoppHoff.
Fußball ist hier Religion, die Einheimischen klammern sich an die Viktoria, sie haben ja sonst nichts. Der Landkreis Kusel ist der höchstverschuldetste ganz Deutschlands, am nächsten Tag müssen viele wieder auf das Arbeitsamt stempeln gehen, aber das ist heute egal.
Auf dem Weg zum Stadion kann ich mit einigen der Fans reden. Es tut weh, in ihre traurigen Augen zu blicken, in ihren Erzählungen schwingt die Melancholie mit, die Sehnsucht nach längst vergangenen, erfolgreicheren Tagen.
Der letzte Titel datiert aus Saison 9, damals konnte der Champions Cup errungen werden, ein 3:2 gegen Mutz. Dreifacher Torschütze damals: William „Ötzi“ Özcan.
Neben dem allgegenwärtigen Chris Carrot ist Özcan sicherlich noch heute die Identifikationsfigur schlechthin, auch wenn er bereits seit Saison 10 nicht mehr für Hüffler spielt. Mit 30 Jahren wurde er vom Trainer aussortiert und wechselte nach Weissach, inzwischen lässt er in Xansburg in der zweiten Liga seine Karriere ausklingen. Özcan selbst verlor nie ein schlechtes Wort über seinen Ex-Trainer und Mentor, auf die Frage, ob er sich nach seiner aktiven Karriere eine Rückkehr nach Hüffler vorstellen kann, antwortete er: „Die Zeit heilt alle Wunden.“
Für viele Fans ist Özcan das Symbol für die goldene Ära des Vereins, danach folgte der Absturz, der Verlust der Identität, des Hüfflerer Mantras „Mir sinn mir!“.
Anstoß gegen HoppHoff.
Nach 24 Minuten geht das immer noch mit Superstars gespickte Hüffler durch Nachwuchstalent Maxi Böhm in Führung, das Stadion bebt. Für einen kurzen Moment scheint diese Magie der alten Zeit wieder durchzubrechen. Ist die Krise endlich vorbei, der Europacup wieder erreichbar? „Mir werre Meeschder!“, grölt neben mir ein älterer Herr, das Gesicht zerfurcht. Er scheint wirklich noch selbst dabei gewesen zu sein, in der guten alten Zeit.
Doch das Hüffler von August 2020 ist nicht mehr das Hüffler von März 2020.
Unbeeindruckt spielt der freche Aufsteiger HoppHoff weiter. Angst hat hier vor Hüffler schon lange keiner mehr. Nur wenige Minuten später fällt der Ausgleich, nach 54 Minuten der Führungstreffer für HoppHoff. Dabei bleibt es.
Wieder einmal hat Hüffler verloren, die Abstiegsplätze rücken in bedrohliche Nähe. Auf der Suche nach Ursachen hört man vor allem immer wieder einen Namen: „Carrot!“. Undank ist der Welten Lohn. Wurde er vor einigen Saisons noch fast göttergleich verehrt, hört sich das inzwischen ganz anders an. Veraltete Taktik, teure Transferflops, so lautet das vernichtende Urteil viele Anhänger. Ein alternder Trainer, der immer noch davon träumt, den großen FC Mutz von seinem verdammten Ast abzusägen, aber längst den Anschluss verloren hat. Fiese Gerüchte sind im Umlauf, dem Coach wird eine ungesunde Nähe zu Alkohol und Prosituierten nachgesagt. Den Abgang von Özcan haben ihm bis heute viele nicht verziehen.
Auf dem Weg aus dem Stadion fällt mir ein großes Wandgemälde auf, das den Champions Cup-Sieg in Saison 4 abbildet, ein glorreiches 5:0 gegen die Soizbuaga Bazis. Zu sehen ist eine jubelnde Spielertraube, in der Mitte stemmt einer von Ihnen den Pokal in die Höhe. Es ist William Özcan, vierfacher Torschütze. 9 Monate später wurde im Landkreis ein ungewöhnlicher Geburtenanstieg registriert. Der Name fast aller Jungs: Willy.
Das Leben ist ein Hauch.
Der nächste Tag.
Katerstimmung im Dorf. Die Fahnen sind wieder eingerollt, Müllautos und Kehrmaschinen rollen durch die Straße. Schon bald erinnert nichts mehr an den vergangenen Spieltag.
Ein paar Jungs kicken auf der Straße, es sind Sommerferien. Einer von ihnen trägt ein Hüffler-Trikot mit der Nummer 6, Timo Jakande. Alle anderen? Jerseys von Mutz, Sportfreunde Chiller oder Mainsource, Champions-Cup-Vereine eben. Die Anhängerschaft der Viktoria ist immer noch riesig, doch bei den Jüngeren sind andere Vereine „In“. Warum er als einziger im Hüffler-Dress aufläuft, will ich von dem Jungen wissen. „Ei de Timo is mei Ungel!“.
Ich treffe mich mit einem Spieler, der nicht namentlich genannt werden will. „Der Trainer hat sich in den letzten Jahren geändert. Fachlich ist er immer noch hervorragend, klar, aber irgendwie fehlt das Feuer. Wir sind halt einfach eine andere Generation.“ Ob er an einen Rücktritt von Coach Carrot glaube: „Nein, niemals. Die Viktoria ist sein Baby. Niemand gibt freiwillig sein Baby ab.“
Eine Entlassung scheint genauso abwegig, Carrot IST quasi der Verein, alles verdichtet sich in seiner Personalie.
Was ist also die Quintessenz? Den schleichenden Niedergang einfach so hinnehmen? „Wenn es einer hinbekommt, uns wieder in die Spur zu bringen, dann Carrot. Er hat sich schon öfters neu erfunden.“
Es gibt noch Hoffnung für die Viktoria. Vielleicht ja auch bald wieder mit Özcan.
Die Zeit heilt alle Wunden.
Der Beitrag wurde nachträglich editiert.
hach, früher war alles besser ;-) schön geschrieben! Drücke Hüffler die Daumen. Platz 4 sollte zumindest wieder drin sein bald!
Ich hab sogar den Gedankengang, ihm irgendwann nochmal ein Abschiedsspiel FÜR Hüffler zu gönnen, wenn du da mitspielst ;)
Sehr schöne Reportage. Arbeitstitel: Hüffler - der HSV des Südwestens
Rheinpfalz: Herr Carrot (Name von der Redaktion geändert), das traditionelle Saisonabschlussinterview steht mal wieder an. Nun ist bereits die 14. Saison des beliebten Online-Fußballmanagers UltraSoccer beendet, wie fällt ihr persönliches Fazit zur vergangenen Spielzeit aus?
C.Carrot: Puuh, ich muss erst mal tief durchatmen. Leider lief es noch schlechter als vergangene Runde….
Rheinpfalz: Gehen wir die Länder doch im Einzelnen durch.
C.Carrot: Dass wir in Deutschland nach dem Fastabstieg vergangene Saison wieder eine schwere Runde vor uns hatten, war klar, dennoch waren wir in der Hinrunde sehr ordentlich platziert. In der Rückrunde lief dann leider nicht mehr viel zusammen, sodass wir uns erst am letzten Spieltag mit einem Sieg gegen Mutz retten konnten. Ähnlich schlecht lief es in der Schweiz, wo vor allem in der Rückrunde nicht mehr viel funktionierte. In Österreich blieben wir ohne Abstiegssorgen, haben die anvisierten internationalen Plätze aber auch deutlich verfehlt.
Rheinpfalz: Soweit der Blick auf die Ligen, bleiben noch die Pokalwettbewerbe. Auch hier konnte leider wieder kein Titel eingefahren werden.
C.Carrot: Im Champions Cup waren wir ja leider nicht vertreten. In den nationalen Wettbewerben haben wir eigentlich sehr ordentliche Leistungen gezeigt. In Deutschland und in Österreich erreichten wir das Halbfinale. Nach ganz oben scheint im Moment einfach ein Stück zu fehlen.
Rheinpfalz: Ihre Ziele zur letzten Saison lauteten Klassenerhalt in Deutschland, internationales Geschäft in Österreich und einstelliger Tabellenplatz in der Schweiz. Letzten Endes wurde nur in Deutschland das Saisonziel erreicht – mit Ach und Krach. Was möchten Sie in der nun anstehenden Spielzeit erreichen?
C.Carrot: Es bleibt schwer. In Deutschland wird die Mannschaft eher ein Stückchen schwächer, so dass wir hier erneut nur vom Klassenerhalt reden können. In Österreich sehe ich das Niveau geringfügig ansteigen, es sollte unser Anspruch sein, um das internationale Geschäft mitzuspielen. In der Schweiz hoffe ich, dass das Team altersbedingt einen Leistungssprung macht, hier sollte auf jeden Fall wieder ein einstelliger Tabellenplatz rausspringen.
Rheinpfalz: Also planen Sie abermals mit einer tittellosen Saison? Der Champions Cup ohne Hüffler wird ja auch langsam zur Gewohnheit. Wollen Sie ewig bei 13 Titeln verharren? Wo bleiben die Ambitionen, Herr Carrrot?
C.Carrot: Wir müssen uns der Realität stellen. Die fetten Jahre sind vorbei. Wir sind ein kleiner Standort ohne große Manpower in Scouting und Trading, andere Vereine sind da besser aufgestellt. Geld regiert die Welt. Die Konkurrenz ist größer und stärker als noch vor einigen Saisons. Die Fans sollten froh sein, diese Jahre erlebt zu haben, aber auch genügsam, was die Zukunft angeht. Wir bieten den Fans seit Jahren konstanten Erstliga-Fußball auf hohem Niveau, das sollte man auch mal wertschätzen. Die Viktoria wird den Großen das Leben weiterhin schwer machen, und irgendwann werden wir auch noch einmal einen Pokal in die Höhe stemmen. Ich kann ihnen nur nicht sagen, wann das sein wird.
Rheinpfalz: Sie wirken resigniert, ist das Duell mit dem FC Mutz damit aufgegeben?
C.Carrot: Ja, es wäre unrealistisch, davon weiterhin zu träumen. Der Mann hat zwanzig Titel, er ist ein Fußballgenie. Es war mir eine Ehre, mich mit ihm zu duellieren. Wenn wir uns langfristig in den Top 10 der Managertabelle aufhalten, bin ich zufrieden.
Rheinpfalz: Macht ihnen ihr Beruf noch Spaß, Herr Carrot?
C.Carrot: Natürlich, sonst würde ich heute nicht hier sitzen.
Rheinpfalz: Vor einiger Zeit engagierten sie Thorsten Legat als Head of Football. In letzter Zeit wurde es allerdings sehr ruhig um Ihn. Wird die Zusammenarbeit fortgesetzt?
C.Carrot: Thorsten hat frischen Wind in den Verein gebracht und einige wichtige Projekte angestoßen. Leider gab es in der Vergangenheit einige Differenzen betreffend der zukünftigen strategischen Ausrichtung des Vereins, so dass wir uns entschieden haben, die Zusammenarbeit in beidseitigem Einvernehmen zu beenden.
Rheinpfalz: Abseits von Zielen und und Platzierungen, auf was können sich die Fans bei ihren Teams in der kommenden Saison freuen?
C.Carrot: Ich hoffe, dass Timo Jakande in Deutschland seine Ladehemmung überwindet und wieder an vergangene Leistungen anknüpft. In Österreich hoffen wir natürlich, dass unser Superstar Costea seine zweifellos beeindruckenden Leistungen bestätigen kann. In der Schweiz hoffe ich auf eine Steigerung der blutjungen Truppe, angeführt von ihrem Torschützenkönig Buhler. Um einen Ligatitel mitzumischen, wäre vermessen, aber vielleicht können wir ja mal wieder in einem Pokalwettbewerb für Furore sorgen. Gut möglich auch, dass wir mit einigen taktischen Innovationen (fluider Torhüter, Seilspringende Sechs oder ähnliches…) aufwarten.
Rheinpfalz: Gibt es personelle Veränderungen?
C.Carrot: Im Großen und Ganzen stehen die Kader für die neue Spielzeit bereits. In Deutschland darf uns Magic Magee (WFB+++) noch verlassen, in Österreich Stürmer Marco Binder (WFB -++). Natürlich halten wir auch immer die Augen nach potenziellen Verstärkungen offen, vielleicht tut sich hier auch noch was.
Rheinpfalz: Welche Entwicklungen erhoffen Sie sich in den großen Ligen abseits von ihrem eigenen Team?
C.Carrot: Generell wird es spannend, wie sich die von Mastermind Ethan angekündigten Änderungen im Gameplay auswirken werden. In Deutschland bin ich gespannt, ob sich Hosi zu einem Titelkandidaten mausern wird, in Österreich gilt gleiches für Barthlinger. Ebenso bin ich gespannt, ob BamBaBam in Österreich eine neue Vormachtstellung ausbaut und ob Kurt Cobain in der Schweiz eine erneute Fabelsaison gelingt.
Rheinpfalz: Herzlichen Dank für dieses viel zu lange Interview.